Bundeskanzler Nehammer hat mit seiner Rede zuletzt für Diskussion um Antriebssysteme für Fahrzeuge gesorgt. Aber welche Lösung ist tatsächlich zukunftsfähig?
Klar ist: Wenn man den Klimawandel als Problem ernst nimmt, können fossile Brennstoffe wie Benzin und Diesel keine Zukunft haben, weil sie große Mengen CO2 zusätzlich in die Atmosphäre bringen. Als Alternative kommen immer mehr Elektroautos auf den Markt, aber auch der Wasserstoff-Antrieb ist schon länger in Diskussion.
Neu hinzugekommen sind nun E-Fuels, die – klimaneutral hergestellt – Benzin und Diesel in Verbrennungsmotoren auf klimafreundliche Art und Weise 1:1 ersetzen können sollen. Der Haken an der Sache: Die Herstellung dieser E-Fuels ist enorm energieintensiv, sodass allein dafür ein Vielfaches an Strom aus erneuerbaren Energien hergestellt werden müsste. Im großen Stil ist das nicht machbar – vor allem, weil ja schon die jetzigen Kohle-, Gas- und Atom-Kraftwerke durch erneuerbare Energiequellen ersetzt werden sollen.
Ähnliches gilt auch für Wasserstoff-Motoren: Die Herstellung von Wasserstoff zum Tanken ist äußerst energie- und kostenintensiv. Deswegen sind bis heute kaum Wasserstoff-Autos am Markt. Somit wären Wasserstoff und E-Fuels erst im größeren Maße interessant, wenn sie mit deutlich weniger Energieaufwand hergestellt werden könnten.
Aber auch bei Elektromotoren gibt es Probleme: Die seltenen Erden, die für die Batterien benötigt werden, sind nur begrenzt verfügbar, und werden heute unter z.T. menschenunwürdigen Bedingungen gewonnen. Die Entsorgung der Batterien ist nicht endgültig geklärt. Wenn überhaupt, sind Elektroautos ökologisch betrachtet also nur dann sinnvoll, wenn der Strom aus erneuerbaren Energiequellen stammt. Das bedeutet aber, dass auch dafür wieder mehr Strom benötigt werden würde.
Insgesamt lässt sich festhalten, dass jeder alternative Antrieb einen höheren Strombedarf zur Folge hätte, der – parallel zur Umstellung des bestehenden Energiesystems – kaum zu decken ist. Ganz unabhängig vom Antrieb verursachen zudem die Produktion, die Instandhaltung und die Verschrottung der Autos beträchtliche Emissionen. Hinzu kommt die ebenfalls sehr energie- und kostenintensive Errichtung und Erhaltung der Straßeninfrastruktur. Und unabhängig vom Antrieb wirbeln alle Fahrzeuge Feinstaub auf, erzeugen bei höheren Geschwindigkeiten Lärm, erzeugen Unfälle und benötigen mehr Platz, als verfügbar ist – was in Städten zu Konflikten führt und am Land zu immer mehr Bodenversiegelung. Die Folgen sind gesundheitliche Probleme, eine geringere Lebensqualität sowie der Verlust von wertvollen Natur- oder Ackerflächen.

Ein tatsächlich klimaneutrales und sozial gerechtes Verkehrssystem ist somit nur denkbar, wenn man den Autoverkehr deutlich reduziert; wenn sich die Menschen innerhalb von Städten weitestgehend zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit dem öffentlichen Verkehr fortbewegen; wenn sie überregional mit dem Zug fahren; und wenn sie am Land nur den Weg zum nächsten größeren Ort bzw. Park&Ride-Platz mit dem Auto (oder auch mit dem Fahrrad) zurücklegen, um von dort aus dann die öffentlichen Verkehrsmittel zu nutzen.
Dafür wird es eine konsequente Verkehrs- und Planungspolitik brauchen: Städte müssen eine hochwertige Infrastruktur zum Gehen und Radfahren, ein dichtes ÖV-Netz und ein Sharing-System mit Lastenrädern, Pkws und Klein-Lkws bereitstellen, während für den Kfz-Durchgangsverkehr nur wenige, ausgewählte Straßen geöffnet bleiben. Am Land müssen zwischen den größeren Orten gut frequentierte Bahn- und Regionalbus-Routen mit Park&Ride- bzw. Bike&Ride-Plätzen an allen Stationen angeboten werden; entlang der Straßen auch Geh- und Radwege, sodass kurze Strecken überall zu Fuß oder mit Fahrrad u.ä. zurückgelegt werden können.

Zu- und Abfahrt mit Fahrrad oder Pkw überall möglich

Um diese kurzen Wege zu ermöglichen, ist es wesentlich, keine weitere Zersiedelung zuzulassen, sondern Städte und Orte weiter zu verdichten. Wohnen, Arbeiten, Einkaufen, Freizeit und Bildung sollten möglichst nah beisammen liegen, damit weite Wege erst gar nicht notwendig werden. Kompakte Orte können im Gegenzug auch wieder gut an das öffentliche Verkehrssystem angebunden werden, was eine attraktive Taktung ermöglicht.
Der Schlüssel zu einer klimafreundlichen und sozial gerechten Mobilität liegt letztlich also nicht in der Frage der Antriebstechnologien, sondern in einer Raumordung, die kurze Wege ermöglicht, und in der Bereitstellung einer Verkehrsinfrastruktur, in der die Menschen ihre Bedürfnisse zu Fuß, mit dem Fahrrad und mit öffentlichen Verkehrsmitteln schnell, komfortabel und sicher befriedigen können. Darauf sollten wir uns in der Diskussion konzentrieren.